Hallo Maxi,
letztes Wochenende hatten Dein Bruder Henry und ich das Thema: „Emotionale Kontrolle“
Auslöser war, das Henry stinksauer war, weil auf seinem Faschingsfest nicht alles so lief, wie er sich das vorgestellt hatte. Teile seine Kostüms waren plötzlich „verschwunden“, und überhaupt…. In seinem Ärger stand er nur da und war wütend. Er erhob sein Stimme, schimpfte und … naja, Du kannst es Dir bestimmt vorstellen.
Eine halbe Stunde später war alles wieder OK, wir sprachen über seine Wut und was sie mit ihm machte, und er entspannte sich.
Natürlich haben Menschen noch viele andere Gefühle: Angst, Freude, Trauer, Neid, Eifersucht, Panik, Hass, Verachtung, Ekel, Vertrauen und andere.
Wie ist das eigentlich mit unseren Gefühlen? Wie entstehen Sie? Und sollte man sie frei und ungehemmt „heraus lassen“ und anderen Menschen zeigen? Oder ist es besser, die eigenen Gefühle kontrollieren zu können?
Was meinst Du?
Wenn Du andere Menschen danach fragst, werden Sie Dir vermutlich ganz unterschiedlicher Antworten geben:
- Man könnte behaupten, dass Menschen, die ihre Gefühle sehr kontrollieren oder gar verstecken, kalt und unnahbar wirken können;
- Oder das es zu Krankheiten führen kann, wenn man seine Gefühle unterdrückt.
Andererseits können Menschen, die negative Gefühle wie Wut, Trauer, Eifersucht oder hass überhaupt nicht im Griff haben, ziemlich nerven.
Ich spreche an dieser Stelle gern von „emotionaler Hygiene“. Das heißt, so wie wir Menschen es uns zur Gewohnheit gemacht haben, uns regelmäßig zu waschen, um unsere Mitmenschen nicht „voll zu stinken“, sollten wir es uns auch die Fähigkeit aneignen, nicht wie ein Gorilla jede Gefühlsregung ungefiltert zu äußern.
Seine Gefühle kontrollieren zu können, heißt aber tatsächlich nicht, sie zu unterdrücken. Denn das kann tatsächlich zu Krankheiten wie Depressionen führen. Und es macht auch keinen Spaß.
Kontrolle ist etwas anderes. Stell Dir zum Beispiel ein Auto mit vielen Pferdestärken sowie drei unterschiedliche Fahrer dazu vor:
- Der erste Fahrer kann damit überhaupt nicht umgehen, das Auto macht mit ihm, was es will, und er fliegt ständig aus der Kurve und eckt irgendwo an. Man hat das Gefühl, dass nicht er das Auto fährt, sondern das Auto mit ihm.
- Der nächste fährt so vorsichtig, dass er mit fünfzig Sachen über die Autobahn zuckelt.
- Der dritte Fahrer ist ein Könner: Er hat gelernt, dass Auto für jeden Bedarf sicher und kontrolliert zu fahren: Entspannt und gelassen während des Sonntagsausfluges, sicher und vorsichtig bei Glatteis, aber auch zügig, wenn es sein muss. Er hat in jeder Situation und Straßenlage die Kontrolle über das Fahrzeug und kann selbst wählen, wie er fahren möchte.
Kontrolle heißt also, selbst und bewußt bestimmen zu können, was passieren soll und wie man auf etwas reagieren möchte. So kannst Du dann entscheiden, dass Du Dich ausgelassen über etwas freuen möchtest. Aber Du kannst auch entscheiden, ob Du Dich zum Beispiel über etwas ärgern möchtest oder nicht.
Kleiner Tipp: Sich über etwas zu ärgern ist nicht besonders klug. Was passiert ist, ist passiert und es wird durch ärgern eher schlimmer. Besser als ärgern ist es, zu akzeptieren was passiert ist und bewußt zu entscheiden, wie es jetzt weitergehen soll. Und natürlich fällt es viel einfacher, sich Wege aus einer „Klemme“ zu überlegen, wenn man einen klaren Kopf behält und sich nicht von negativen Gefühlen überrennen läßt. In Extremsituationen kann sogar das eigenen Leben davon abhängen, ob man „cool“ oder „panisch“ auf etwas reagiert.
Lass uns einen Bodybuilder mit einem Tänzer vergleichen: Der Bodybuilder hat pure Kraft, aber meistens auch nicht mehr. Er weiß kaum etwas damit anzufangen. Ein Tänzer im Theater oder Ballett oder ein Karatemeister ist meistens ebenfalls sehr kräftig. Doch werden sie nicht von der Kraft beherrscht, sie beherrschen vielmehr vollkommen ihre Kraft. Und sie können diese Kraft in jeder Situation angemessen einsetzen, zu etwas Schönem oder Nützlichem. Ich möchte sogar sagen: Erst wenn man seine Gefühle auch ein Stück weit kontrollieren kann, kann man sie auch genießen.
Im Alltag wirst Du es manchmal mit Menschen zu tun haben, die sich kaum „im Griff“ haben. Die sofort aggressiv oder gar gewalttätig werden, wenn sie sich angegriffen oder verletzt fühlen. Oder die Ihrer Angst nicht kontrollieren können und sich zurückziehen oder wütend werden.
Das wußte schon Meister Yoda:
Yoda ist natürlich nur eine Trickfilmfigur aus einem Hollywodfilm, Unrecht hat sie aber nicht. Ein ganz aktuelles Beispiel ist die Angst vieler Deutschen vor den Flüchtlingen, die in diesen Monaten in Deutschland Schutz suchen. Sie bringen oft eine fremde Kultur mit und sehen anders aus.
Und innerhalb weniger Monate haben Menschen in Deutschland voller Angst, Wut und Hass wieder Gebäude angezündet. Nur weil darin Menschen leben, die vielleicht eine andere Kultur haben oder anders aussehen, als wir.
Ich möchte Dir daher anbieten zu trainieren, Deine Gefühle kontrollieren zu können. Lebe sie aus, wenn es Dir angemessen und richtig erscheint. Freue Dich über schöne Dinge oder trauere, wenn Du etwas oder jemanden verlierst. Wenn Du es willst.
Aber eigne Dir auch die Fähigkeit an, vor allem negative Gefühle kontrollieren zu können. Das wird Dir im Leben sehr helfen.
Ich liebe Dich
Dein Papa.